Pressestimmen

Pressearbeit ist gerade auf dem Gebiet der Selbsthilfe in der Psychiatrie aus folgenden Gründen unverzichtbar.

  • Durch Medien erfahren Familien, in denen jemand psychisch krank ist, von der Existenz der Angehörigen-Selbsthilfe.
  • Sie erfahren, wo sie sich ohne bürokratische Hürden Hilfe und Informationen holen können.
  • Vorurteile und Stigmatisierung beruhen auf mangelndem Wissen. Durch Veröffentlichungen werden Kenntnisse verbreitet, und dadurch entsteht Verständnis.
  • Durch offenen Umgang der betroffenen Familien mit ihren Belastungen und ihren Leistungen bei der Krankheitsbewältigung ermutigen sie Gleichbetroffene und wirken mit beim Abbau von Vorurteilen.

Pressestimmen

Stellungnahmen – Leserbriefe – Pressemitteilungen

Stellungnahme an  Medien bei Vermischung
der Begriffe „Psychiatrie“ und „Forensik

Es ist sicher nicht die Absicht des Verfassers der Nachricht „Mann wird in Psychiatrie untergebracht“, alle  psychisch kranken Menschen, ob  sie nun an  einer Depression, einer Essstörung oder einer Angststörung leiden, mit Straftätern gleichzusetzen. Das geschieht aber, wenn immer und immer wieder die Begriffe Psychiatrie und Forensik  miteinander verwechselt werden. Ein psychisch kranker Mensch, der in einem nicht schuldfähigen Gesundheitszustand eine Straftat begangen hat und therapiert werden soll, wird in der Forensik untergebracht. Der gedankenlose Gebrauch von Psychiatrie in diesem Falle wirft  alle psychisch kranken Menschen in einen Topf und vermittelt die Botschaft, alle in der Psychiatrie behandelten Menschen seien Straftäter oder zumindest gefährlich. Diese – ich nehme an ungewollten Zusammenhänge – haben zur Folge, dass sehr viele  Menschen, die einer psychiatrischen Behandlung bedürften, aus Angst, stigmatisiert und für gefährlich gehalten zu werden, gar nicht oder viel zu spät eine Behandlung beginnen. Das kann lebenslange Folgen haben für den Erkrankten selber und für seine Angehörigen. Helfen Sie alle mit, durch eine saubere sachliche Trennung der Begriffe Psychiatrie und Forensik Behandlungshürden abzubauen. Eva Straub, Verein der Angehörigen psychisch Kranker Ingolstadt

 

Zur  Germanwings-Flugzeugkatastrophe am 24. März 2015
Eva Straub, Verein der Angehörigen in der Region 10
und stellv. Vorsitzende LVB-ApK

Um Gottes Willen, nicht noch eine Katastrophe verursachen!

Zwei Gefahren drohen, die sich aus dem tragischen Flugzeugunglück in den französischen Alpen für Millionen von Menschen zu einer Katastrophe entwickeln könnten:

Die eine wäre, wenn die Schweigepflicht der Ärzte und Psychotherapeuten gelockert würde, und die andere ist eine unkalkulierbare Zunahme von Vorurteilen und sozialer Ausgrenzung aller psychisch kranken Menschen.

Diese Entwicklungen würden nicht nur psychisch kranken oder ehemals kranken Menschen und ihren Familien das Leben in der Gesellschaft schwer, wenn nicht sogar unmöglich machen, sie brächten darüber hinaus für die Gesamtgesellschaft eine enorme zusätzliche finanzielle und fürsorgerische Belastung.

Schweigepflicht

Es ist nicht zuletzt die gesetzlich verankerte Schweigepflicht der Ärzte und Behandler, die psychisch kranken Menschen den Schritt zur Behandlung erleichtert und damit eine große Anzahl Kranker aufgrund einer wirksamen Therapie vor einer lebenslangen psychischen Behinderung bewahrt. Sie nimmt den Betroffenen die Angst, dass sich ihre seelische „Anfälligkeit“ rumspricht und so zur Stigmatisierung führt mit den bekannten Folgen wie Isolation, keine Chance auf ein selbstbestimmtes Leben, keine Wohnung mieten können, Ausgrenzung aus dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit der Folge lebenslanger Arbeitslosigkeit, Verlust von Freunden und Vertrauten usw. Das alles trifft auch die nahestehenden Angehörigen.

Noch gravierenden wäre die Tatsache, dass sehr viele, heute fachlich begleitete, psychisch labile oder chronisch kranke Menschen, gäbe es die gesetzlich garantierte Schweigepflicht, nicht die Möglichkeit hätten, ihre Probleme und Ängste jemandem mitzuteilen, der fachlich und menschlich darauf reagieren kann. Es könnte die Situation entstehen, dass die ursprünglich durch das Verschweigen einer psychischen Krankheit befürchtete Gefahr weit übertrumpft würde, weil sich der Krankheitsverlauf unbemerkt zu einer massiven Krise entwickelt. Das heißt, eine Lockerung des Datenschutzes würde die Gefahr massiv vergrößern statt sie zu verringern.

Mal im Ernst: Wer würde schon zum Psychiater gehen, wenn er annehmen müsste, dass am nächsten Tag sein Arbeitgeber und seine Kollegen von seinem Problem erführen? Es glaubt doch niemand, dass dieses Wissen in der Jobumgebung des Betroffenen bleibt. Dann weiß es die bald die Nachbarschaft, der Freundeskreis, der Vermieter, der Kaufmann an der Ecke, der Sportverein usw. Die Konsequenz: der Behandlungsbedürftige macht einen großen Bogen um alles, was mit „psych“ anfängt.

Die Folgen unbehandelter Krankheit kennen wir alle aus der Körpermedizin. In der Psychiatrie ist das nicht anders: Krise, Chronifizierung, lebenslange Folgen oder Schlimmeres. Bei psychisch kranken Menschen kommt noch hinzu, dass ihre Angehörigen den Belastungen auf Dauer nicht Stand halten. Unterstützung für sie ist in unserem Gesundheitssystem aber erst dann vorgesehen, wenn sie selber ebenfalls medizinisch behandlungsbedürftig werden. Die Familien brechen auseinander, und der bedauernswerte Kranke steht allein da. Sie fallen als Mitversorger aus. Die gesamte Versorgung lastet auf den Schultern der Steuerzahler.

Daher brächte eine gesetzliche Änderung der Schweigepflichtvorschriften unweigerlich höhere Kosten für das Gesundheits- und Sozialwesen mit sich, z. B. für vermehrte Krankenhausbehandlungen, Anstieg der Frühverrentungen und Langzeitarbeitslosigkeit, für Heimunterbringungen, Betreuungen usw.

Katastrophe durch Anstieg einer Pauschaldiskriminierung

Vielleicht hätte sich die ganze Absturztragödie vermeiden lassen, wenn der Co-Pilot sich ohne Angst vor Diffamierung und Arbeitsplatzverlust seinem Arbeitgeber oder Vorgesetzten hätte anvertrauen können. Er tat es nicht! Er konnte es nicht! Weil die Vorurteile gegenüber Menschen mit psychischen Problemen jede logische Auseinandersetzung mit dem Thema „psychisch krank“ verhindern.

Alle Angehörigen psychisch kranker Menschen sind in doppelter Weise schwer erschüttert von dem Absturz: Voller Mitgefühl mit den Hinterbliebenen und besonders mit den Eltern des Co-Piloten einerseits und sind darüber hinaus äußerst besorgt, dass diese Katastrophe die unberechtigte Diskriminierung psychisch kranker Menschen erheblich verstärkt. Das wäre eine weitere Katastrophe für Menschen, die psychiatrische Hilfe nötig haben. Es würde die gesamtgesellschaftliche Aufgabe, mit psychisch kranken Menschen zu leben, zurückwerfen, und es würde die gesundheitspolitische Fürsorge für diese Menschen ad absurdum führen und denen Recht geben, die sagen, die sollte man alle wegsperren.

Seelische Schmerzen sind ungeheuer quälend. Sie werden schier unerträglich, wenn der davon betroffene Mensch auch noch ausgestoßen wird aus der Gesellschaft. Ganz bestimmt wäre eine Zunahme der gesellschaftlichen Ausgrenzung auch für die vielen mitbetroffenen Angehörigen eine Tragödie. Die großen Antistigma-Anstrengungen der vergangenen Jahre wären umsonst gewesen, und die angestrebte Inklusion psychisch behinderter Menschen wäre für lange Zeit abgeschrieben.

Der „Landesverband Bayern der Angehörigen psychisch Kranker e.V.“ ist der Meinung, wenn aus dem großen Leid dieser Flugzeugkatastrophe etwas Positives herauskommen soll, wenn sie nicht ganz umsonst gewesen sein soll, dann müssen psychische Erkrankungen endlich realistisch gesehen werden. Er fordert alle auf, besonnen und mit Blick auf die Langzeitfolgen zu handeln.